Dies ist die Beschreibung meiner Stadt, wie ich sie aus meinen Erinnerungen kenne. Das heutige Bremen kennt jeder, aber ich möchte versuchen, ein paar Dinge zu beschreiben, an die sich heute nur noch wenige Bremer erinnern.

Der Anfang
1956, der Rock'n' Roll steckte noch in den Kinderschuhen, genauso wie ich. In diesem Jahr bekamen wir unsere erste Wohnung. Bis zum Sommer 1956 wohnten meine Eltern (und ich) noch in Gröpelingen bei Oma. Damals waren Wohnungen Mangelware, heute kaum vorstellbar. Die neue Wohnung war in der Bilsestrasse Nr.5 im Doventorsviertel. Diese Gegend entstand nach dem Krieg völlig neu, wie man auf der Kartenseite sehen kann. Viele der kleinen Strassen verschwanden, andere bekamen einen ganz neuen Verlauf. Die Bilsestrasse existierte auch früher schon, an der gleichen Stelle. Leider gibt es keine Fotos von der alten Bebauung, aber die alten Häuser sollen winzig klein gewesen sein. Die neuen waren "großzügig" gebaut, eben sozial, wenn auch vergessen wurde, Heizungen einzubauen. Geheizt wurde mit einem Ofen im Wohnzimmer und einem Ofenherd in der Küche, alle anderen Zimmer waren unbeheizt. Erst in den siebziger Jahren wurden zentrale Heizungen eingebaut, aber da wohnten wir dort schon nicht mehr. Die Strasse selbst war schön ruhig, es gab damals noch keine Autos. Es war das Paradies!


Im hellen Haus im Hintergrund im Erdgeschoss wohnten wir. Die Strasse hatte noch keinen Belag, sondern bestand nur aus Schotter. Der Fahrer des Dreirades bin übrigens ich, mein "Beifahrer" Nachbarsjunge Lothar.
Ein oder zwei Jahre später hatte die Strasse dann ihren Asphaltbelag, schade, denn wir Kinder hatten herrliche Sandburgen in den Baustellen gebaut.


Noch war die Gegend allerdings ziemlich kahl, von meinem Fenster im Kinderzimmer konnte ich den Tunneleingang vom Findorftunnel sehen. Einige Jahre weiter, Anfang der 60'er war dann auch die Daniel-von-Bürenstrasse bebaut.


Hinter den Häusern sah es so aus:


Auch dies ist ein Bild Ende der 50'er. In Wirklichkeit war der Hinterhof allerdings recht eng, da er von der grossen Fahrzeughalle der Hauptfeuerwehr am Wandrahm begrenzt wurde. So langsam aber sicher füllte sich auch der letzte Raum mit neuen Gebäuden, nicht immer schön, aber für die Zeit damals praktisch. Heute sieht die Bilsestrasse so aus:



So schlimm die Zerstörungen des Krieges auch waren, für uns waren die Bombenkrater der bevorzugte Abenteuerspielplatz. Keiner von uns hatte ja den Krieg erlebt, wir kannten nur noch die Trümmer. Man sagte damals: "Wir gehen in die Trümmer", wenn man spielen wollte. Viele der Häuser waren noch in den 60'er Jahren nicht wieder aufgebaut und so gab es genug Plätze, auf denen die Grundmauern der Ruinen von einer wahren Wildnis aus Sträuchern und Gräsern überwuchert wurden.

Die Schule
1959 war der Spass zuende: ich kam in die Schule. Die einzige Schule in der Nähe war die Schule an der Admiralstrasse im Findorf. Sie existiert auch heute noch. Leider gibt es kein Bild aus meiner Zeit. Von der Webseite der Schule habe ich ein Bild vom Innenhof:



Das niedrige Gebäude ist die Verbindung der beiden Hauptgebäude und gleichzeitig die Turnhalle.

Neun lange Schuljahre mussten wir damals durchlaufen, auch wenn es wegen des Kurzschuljahres 1966-1967 in Wirklichkeit nur acht Jahre waren. Damals wurden zwei Schuljahre auf sechs je Monate komprimiert. Ein echt hartes Leben. Glücklicherweise hatten wir damals einen Lehrer, der zwar streng aber auch verständnisvoll und nachsichtig mit uns war. Der Humor, den er oft genug mit uns bewies, war eiserner Überlebenswille. Hin und wieder gab es Grund zur Freude, nämlich dann, wenn Klassenfahrten anstanden oder der jährliche Aufenthalt im Schullandheim "Gerdshütte". Dieses Heim existiert immer noch und wird auch noch von der Schule Admiralstrasse genutzt. Hier ein paar Bilder aus der guten alten Zeit:

Der grosse Speisesaal irgendwann Anfang der 60'er.



Ein paar Jahre später auf "Kriegspfad". Der große Häuptling ist unser Pauker, Rainer Wittenberg.



Von aussen sieht die Hütte heute so aus:



Bremen in den 60'ern
Langsam verschwanden (leider) die Trümmergrundstücke aus dem Stadtbild. Nicht nur die neue Bürgerschaft wurde Anfang der 60'er errichtet, sondern auch die heute recht ramponierten Hochhäuser am Bahnhof: das Siemenshaus und das Kaffee HAG-Haus. Es waren die nach dem Aalto-Hochhaus in der Vahr die höchsten und modernsten Gebäude der Stadt.


Das Siemenshaus


Das Siemenshaus ist heute nicht mehr von Siemens belegt, sondern von einer Behörde. Das Unternehmen selbst hat vor einigen Jahren einen moderneren Neubau im Universitätsviertel belegt. Das alte Hochhaus kann ich heute jeden Tag vom Büro aus sehen, denn ich arbeite in einem Gebäude nebenan.



HAG-Haus



Wenn man sich alte Bilder aus den 50'er Jahren ansieht, fängt man oft an, zu überlegen, wo das Bild eigentlich gemacht wurde, so wie im folgenden:


Die Aufnahme wurde vor dem Gewerkschafthaus am Bahnhof gemacht. Ehrlich gesagt habe ich keine blasse Ahnung, wo der Standort des Fotografen wirklich ist. Ich kann auf diesem Bild die Bahnhofsgegend nicht wiedererkennen. Möglicherweise war das Gewerksschaftshaus damals auch woanders. In der Bildergalerie ist eine Luftaufnahme vom Bahnhofsvorplatz, auf der man nur mit Mühe den Platz in der heutigen Form wiederkennt. Obwohl ich aus meiner Kindheit viele Ecken vor allem der Innestadt noch in Erinnerung habe, fällt es mir oft schwer, alte Fotos wiederzuerkennen. Die Sögestrasse z.B. ist heute eine reine Fussgängerzone. Noch in den frühen 70'er Jahren war die Strasse mit Autoverkehr verstopft.


Die Sögestrasse 1972 von der Obernstrasse her gesehen. Wie man links sieht, noch immer die traumhafte Zeit des Minirocks.


Weihnachten 1959 sah die Strasse so aus! Das Bild stammt übrigens aus einem Buch von Georg Schmidt, ich hoffe, er ist nicht böse deswegen.

Sylvester
Ach ja, nach Weihnachten kommt Sylvester. Hier ist ein Foto von meinen Eltern mit Freunden bei einer Sylvesterfete Anfang der 50'er Jahre:


Auch wenn der Sekt damals mangels Masse und Geld nicht in Strömen floss und die Herren auf dem Foto nicht halb so (Wein)selig waren, wie es scheint, Spass hatte man auch damals schon.

Bremen und Beatmusik
Herrliche Zeit des Beat! Die Beatles, Kinks, Easybeats oder Dave Dee, Dozy, Beaky, Mick And Tich (wir haben 2 Wochen gebraucht, um diesen Zungenbrecher zu lernen), wer kennt diese Namen noch? Fernsehserien wie "Mit Schirm, Charme und Melone" oder ganz einfach "Emma Peel" sind auch heute der absolute Kult. Der neue Kinofilm mit den den Figuren Emma Peel und John Steed ist dagegen einfach nur peinlich und sollte schnell in irgendeiner Schublade verschwinden. Der Beat, wie die Musik der sechziger Jahre heisst, war in Bremen genauso wild wie in London, wo er entstand. Die Beatniks, also wir, waren vielleicht nicht ganz so flippig wie in London, aber wir hatten unseren Spass. Vor allem waren wir die letzte Generation, die einen eigenen Musikstil hatten. Was danach kam, hat sich seit 30 Jahren nicht wesentlich verändert und gipfelt heute in einem hektischen Herumgezappel. Auch Joe Cocker zappelte auf der Bühne wie wild herum, aber er konnte noch singen und verstand seine Musik. Da aber Filme, Mode und auch Musik der 60'er Jahre wieder modern werden, ist vielleicht nicht alle Hoffnung auf Besserung verloren.

Die Schulzeit war 1967 zu Ende und wir wurden auf den Rest der Welt losgelassen. Natürlich gab es auch damals schon das obligatorische Abgangsfoto:



Die Lehrjahre
Meine Lehrzeit als Buchdrucker absolvierte ich bei einer Druckerei in Woltmershausen. Danach begann der Buchdruck langsam auszusterben (lag nicht an mir!) und der Offsetdruck setzte sich durch. Interessant ist, das einer der Berufschullehrer schon damals die Entwicklung bis heute vorhersah. Er sagte, dass man in der Zukunft an kleinen Computern sitzt, die Artikel schreibt und sie direkt an die Druckmaschine schickt. Genauso ist es jetzt auch gekommen. Nun, mein Lehrberuf war Anfang der 70'er am Ende und ich war gerade bei der Armee. Da mir der Dienst und die Aufgaben gefielen, blieb ich dort für die nächsten 12 Jahre.


Die Seite wird noch ergänzt, sobald ich genügend in meinen Erinnerungen gekramt habe.




Mein Briefkasten




© 06.01.2007 by Painterman